Verantwortung übernehmen

Verantwortung übernimmt man mit der Namensangabe

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Eines schönen mittwochnachmittags schickt ein Rechtsanwalt einen Berufungsschriftsatz per beA ans Landesarbeitsgericht. Zwar enthält der Schriftsatz eingangs neben Aktenzeichen und Datum auch den Vermerk "RA B", ist aber am Ende lediglich mit "Rechtsanwalt" unterzeichnet. Nicht überliefert ist, was das Motiv war, den Namen wegzulassen. Wäre es Faulheit gewesen, hätte ich den Namen darunter gesetzt aber "Rechtsanwalt" weggelassen. Man kann nur mutmaßen. War es Standesdenken, die diese Nachlässigkeit begründet hat (Le loi c'est moi – "Rechtsanwalt" muss genügen)? Ging es darum, dass man sich in Zeiten des Internet daran zu gewöhnen scheint, seine Position ohne Namensnennung zu veröffentlichen? Wir wissen es nicht.

Dem Landesarbeitsgericht hat das jedenfalls missfallen. Es hat die Position vertreten, dass die Berufungsschrift nicht mit der erforderlichen einfachen elektronischen Signatur versehen gewesen ist, und auch das Bundesarbeitsgericht in Erfurt ist dem gefolgt. Im Beschluss vom 14.09.2020 (Az. 5 AZB 23/20) hat es ausgeführt, dass die einfache Signatur i. S.d. § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes meint, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift. Eigentlich glasklar und eine Selbstverständlichkeit, denn es lässt sich ohne einfache Signatur schlicht nicht feststellen, ob die als Absender ausgewiesene Person identisch mit der den Inhalt des Schriftsatzes verantwortenden Person ist.

Dass der Beklagten gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wurde, weil der angefochtene Beschluss die Beklagte in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG iVm. dem Rechtsstaatsprinzip verletzt wurde, sei auch erwähnt. Hierzu meinte das BAG, dass der Vorsitzende der zuständigen Kammer des Landesarbeitsgerichts zur Wahrung des Anspruchs der Beklagten auf ein faires Verfahren gehalten gewesen wäre, deren Prozessbevollmächtigten rechtzeitig auf die fehlende einfache Signatur hinzuweisen. "Einen solchen Hinweis hätte der Vorsitzende der Berufungskammer nach Signierung seiner Verfügung am 21. März 2019 um 14:02 Uhr ohne besondere Anstrengung noch telefonisch oder per Telefax erteilen können und müssen" (Fristablauf war am selben Tag 24:00 Uhr...). Aus meiner Sicht: Uff, Glück gehabt!

Denn immerhin ist doch der Rechtsirrtum eines Anwalts regelmäßig nicht unverschuldet und er muss die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich anzuwenden sind. Eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts kann als Entschuldigungsgrund nur dann in Betracht kommen, wenn der Prozessbevollmächtigte die volle, von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Partei, die dem Anwalt die Verfahrensführung überträgt, darf darauf vertrauen, dass er ihr als Fachmann gewachsen ist. Wenn die Rechtslage zweifelhaft ist, muss der bevollmächtigte Anwalt den sicheren Weg wählen. Mit seinem Namen zu unterschreiben ist doch nicht nur üblich, sondern erst recht der sichere Weg, damit andere erkennen können, wer die Sache zu verantworten hat. Und im Gesetz steht's auch. Oder sehen Sie das anders?

Beste Grüße

Verfasser
Kai Birkigt

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